Mainz05: Aufarbeitung der Vorfälle beim Spiel gegen Köln (Rund um Fußball)

Handgottesseinvater, Friday, 28.10.2022, 17:03 (vor 539 Tagen) @ Richard

Hm. Auch wenn ich denke, dass ich dich mit Argumenten nicht überzeugen kann, dass die Polizei nicht deswegen im Recht ist, weil sie die Polizei ist, versuche ich es: der Eintrag der Vereins-Darstellung für 22.19h lautet, a) dass Fans aus dem Mundloch in Richtung Polizei gedrängt seien, die Polizei daraufhin den Q-Block wieder betreten habe, c) Fans daraufhin die Polizei mittels Plastiktonne, Absperrgittern und einem Pylon angegriffen hätten und d) die Polizei daraufhin Schlagstöcke und Reizgas eingesetzt habe.

Der Einsatz von Reizgas ist unmittelbarer Zwang, 77 I, III POG RLP, noch genauer: in Form der körperlichen Gewalt, 77, II POG.

Die Anwendung körperlicher Gewalt stellt einen Eingriff in die körperliche Unversehrtheit (Art 2 II) und die allgemeine Handlungsfreiheit dar (Art. 2 I GG).

Der Staat - hier die Polizei - braucht eine gesetzliche Grundlage für den Eingriff. Ich lasse mal offen, ob es eine Eingriffsgrundlage gab (ggf Herstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, 9 I POG, aber mit vielen Fragezeichen, da letztlich die Anwesenheit für die von Vereinsseite Verantwortlichen "überraschend" kam, also nicht der Durchsetzung des Hausrechts gedient haben kann). Jedenfalls ist die Verhältnismäßigkeit zu wahren, 2 POG. Demnach ist von mehreren möglichen und geeigneten Maßnahmen diejenige auszuwählen, die den Einzelnen und die Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigen, 2 I POG. Die Pllizei hat hier Schlagstöcke UND Reizgas eingesetzt. Demnach standen mindestens zwei Mittel zur Auswahl. Der Schlagstockeinsath richtet sich gezielt gegen Angreifende. In der konkreten Situation konnte wohl nahezu ausgeschlossen werden, dass dadurch unbeteiligte Dritte getroffen werden. Die Ausbreitung des Reizgases lässt sich nicht derartig kontrollieren. Es kann sich unkontrolliert ausbreiten. Das ist in der Prognose ("voraussichtlich") zu berücksichtigen. Demnach durfte hier - unabhängig von allen bereits aufgeworfenen Fragen - das Reizgas nur eingesetzt werden, wenn der Schlagstockeinsatz nicht erfolgversprechende war, den Angriff abzuwehren. Bei einer realitätsbezogenen Betrachtung ist davon auszugehen, dass der Schlagstockeinsatz ausreichend gewesen wäre: hier ist kein einzelner Oolizist angegriffen worden, sondern eine Gruppe von Polizist:innen, die sich ausreichend stark gefühlt hat, in den Block zu gehen, um dort durchzugreifen. Auf der anderen Seite standen Fußballfans, wahrscheinlich ohne besondere Schutzkleidung die keine außer den genannten Waffen eingesetzt haben. Pylone und Plastiktonnen sind in ihrer Wirkung auf Polizei in Schutzkleidung und Helm überschaubar. Beim Einsatz von Absperrgittern kommt es auf die konkrete Art des Einsatzes an. Ich denke, man kann davon ausgehen, dass sie einmalig geworfen wurden. Der Angriff mit den Gittern war danach wohl abgeschlossen.

Demnach hätte es wohl ausgereicht, die Angreifer durch Schlagstockeinsatz abzuwehren.

Nichts anderes gilt, wenn man anstelle einer Maßnahme nach POG Notwehr gemäß 32 StGB annimmt.

Da keine Eingriffs- oder Rechtfertigubgsgrundlage vorliegt, war der Einsatz von Reizgas somit wohl rechtswidrig.


(Dass der Verein dieses Vorgehen explizit kritisiert, ist ein Indiz, das man hier im Hinterkopf haben kann.)

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yeahyeayeah


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