Erkenntnisse. (Rund um Fußball)

MPO, Wednesday, 05.02.2020, 10:47 (vor 1514 Tagen)

Im Grunde finde ich dramatische Abschiedspostings albern. Sind sie im wesentlichen ja auch. Das fängt schon damit an, dass man sich oder seine Meinung für so wichtig nimmt, dass man extra einen Beitrag dazu machen muss, warum es das künftig nicht mehr geben wird. Dies ist so ein Beitrag und letztlich hab ich kein Problem damit, wenn man ihn ignoriert oder löscht. Ich wollte das nur loswerden. Nicht um zu belehren, sondern einfach um meine Sichtweise und Begründung zu teilen. Vielleicht nimmt jemand was daraus mit. Und sei es nur, dass ers gewusst hat, dass ich "kein echter Fan" bin.

Im Grunde schiebe ich das schon länger vor mir her, aber da ich gerade so ein paar Dinge am Regeln bin, habe ich auch jetzt hier eine Entscheidung getroffen: Ich mache quasi Schluss mit Mainz 05. Das heißt, dass ich hier nichts mehr schreiben (oder lesen) werde, dass ich 05 nicht mehr groß folgen werde in den Social Medias. Ich werde immer einen Berg interessanter, oft schöner Erinnerungen behalten und diese auch schätzen. Selbst 1:6 Niederlagen in Gütersloh. Aber ich halte es generell schon lange so, dass mir Dinge, die mir keine Freude bereiten und ich auch nichts daran ändern kann, auch mal fallen lasse. Seien es beispielsweise Hobbies wie World of Warcraft (schon lange weg) oder ähnliches - irgendwann kam der Punkt, an dem man feststellte, dass die "alten guten Zeiten" weg sind und man eigentlich nur noch dabei ist, um noch mal solche Momente zu bekommen. Aber Dinge verändern sich, entwickeln sich. Nicht unbedingt zum Schlechten, aber vielleicht auf eine Art, die man eben nicht mehr so mag. Die solche Momente verweigert.

Angefangen hab ich mit 05 im Geiste von "support your local team". Lieben gelernt dann mit Wolfgang Frank, weil man hörte und auch sah, dass hier etwas anders ist als bei den anderen. Und nein, es war nicht das mediale Geblöke von "Kampfgeist, Leidenschaft und Einsatzbereitschaft", dass jetzt gerade wieder im Kicker als echte Mainzer Tugend heraufbeschworen wurde und gerade fehlt. Ne, IMO ist das eigentlich nahezu immer gegeben, bei den meisten Mannschaften. Nein, wir waren damals cleverer. Taktisch voraus. Hatten einen klaren Plan, eine klare Idee. Und schlug diese mal fehl, arbeitete man an einem neuen Plan. Und heute? Gefühlt haben wir einen Plan. Und man spielt nur am "Intensitäts"- und "Konzentrations"-regler in der Hoffnung auf bessere Ergebnisse. Dabei varrieren diese Regler nur zwischen 9 und 11.

Um mal weiter zu machen mit meiner "Abrechnung" (was ein großes Wort): Ich war vor allem Fan von cleverem Fußball und Charakteren. Von offensichtlich einzelnen Personen, die Ideen hatten und diese vermitteln konnten. Frank, Heidel, Klopp, Tuchel. Mal einzelne Spieler, die entweder fußballerisch (Voronin) oder mental (Noveski) einzigartig (zumindest für 05) waren. Das ganze Drumherum mit Fans und Medien reagierte nur auf diese Personen und deren Effekt. In der heißen Zeit mit Klopp war es sehr leicht, Fan zu sein. Wie sehr daraus zum Teil Arroganz (oder Apathie?) erwuchs, ist heute offensichtlich, wo es keinerlei Wechselwirkung zwischen Feld und Tribüne mehr gibt. Jeder spielt sein Ding, wie eine alte Rockband, die sich gegenseitig haßt, aber wegen der alten Zeiten wegen noch tourt.

Auch der Fußball im Ganzen macht wenig Spaß. Die finanzielle Macht überschattet nahezu alles. Und entweder versucht man mitzuspielen (so wie wir) und es zumindest wirtschaftlich zu nutzen um dabei zu bleiben, oder hängt sich an einen massiven Investor oder man stürzt ab. So oder so ist alles ein Verrat einer Identität, die man größtenteils sowieso nie hatte, sondern die nur von einzelnen Personen abstrahlte. Nachzufragen auch bei Dortmund. Fußballfandasein heutzutage hat nicht mehr viel mit dem gemein, was es vor 20 Jahren mal war. Es ähnelt heute eher einer glückspielbasierten, simpleren Form von Börsenkursen, wo man Fangesänge anstimmt, um die "Mannesmann"-Aktie noch 0,2% über Dax zu pushen (ich hab keine Ahnung von Börse).

Zum Abschluss: 05 werde ich immer irgendwie verfolgen. Niemals geht man so ganz. Und vielleicht wird das auch wieder intensiver, aber dazu muss sich am Verein etwas verändern und nicht ich. Mir ist meine Zeit und mein Geld zu schade, um eine Firma anzufeuern. Wie gesagt: Das ist keine reine Kritik an 05. Es ist der Fußball im Ganzen. Was Mainz 05 verändern kann - und was schwer machbar ist - sich wieder darauf zu besinnen, was den Verein hochgebracht hat: Es war vor allem Cleverness. Mut zum Risiko. Bei Transfers (wo es eigentlich aktuell ok ist), aber vor allem auf dem Trainerstuhl. Nichts gegen Beierlorzer, Schwarz oder Schmidt - aber vielleicht sollte man weniger auf Sympathie oder Urigkeit setzen, sondern mal nach Trainern Ausschau halten, die wirklich sich permanent am Peak weiterentwickeln wollen und was Neues machen. Siehe Rose/Maric. Nagelsmann. Und zuvor Tuchel, Klopp... oder eben Wolfgang Frank.

Ich drücke weiterhin die Daumen für den Klassenerhalt.

Tüss, der MPO.


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